Information und gesellschaftlicher Fortschritt

- Überlegungen zu einer universellen1 Theorie der menschlichen Gesellschaft -

Frank D. Baldeweg

... wäre es nicht an der Zeit zu ergründen, was diese Welt nun im innersten zusammenhält, wenn überhaupt, und wie man sie gestalten sollte, sofern sie sich noch gestalten läßt

St. Heym, "Filz", S. 65

"Allmälig zu modeln ein höheres Muster
Des Menschengebildes,- das ist nicht verboten,
Es gläubig zu pflegen ist heiligste Pflicht."

W. Jordans, Nibelunge, Sigfridsaga, erster Gesang...

Vorbemerkung

Erkenntnis ist ein ganzheitlicher Prozeß; er ist auf Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft gleichermaßen gerichtet; Naturerkenntnis ist die Wurzel2 von Technik und Technologie; sie bewirkt, Abhängigkeit von Unwägbarkeiten in der Beziehung des HS3 zur Natur zu mindern; sie prägt somit Umfang und Niveau der Wertschöpfung. Erkenntnis gesellschaftlicher Prozesse ist Voraussetzung für sittliche Ausgewogenheit im Prozeß der gesellschaftlichen Wertschöpfung4 und deren Aneignung; sie bestimmt damit die soziale Kultur einer Gesellschaft; sie sollte nicht nur den Einfluß von Unwägbarkeiten innerhalb der gesellschaftlichen Abläufe mindern helfen, sie ist offensichtlich notwendige Voraussetzung dafür.

Gesellschaftserkenntnis sieht den HS als Subjekt und Objekt. Das macht den Erkenntnisprozeß durchaus kompliziert.

Einseitigkeit im Erkenntnisprozeß jedoch führt zu Entfremdung innerhalb der Gesellschaft, sie beeinträchtigt die soziale Kultur und damit Lebensqualität. Daraus resultiert eine implizite Pflicht zur Ausgewogenheit.

Erkenntnis ist dabei stets Einheit von Erkennen und Handeln5.

Zu keiner Zeit war die Kluft zwischen Bedingungen und Ergebnissen von Naturerkenntnis einerseits und jenen von Gesellschaftserkenntnis andererseits so groß, wie sie gegenwärtig zu sein scheint; zu keiner Zeit war die Hilflosigkeit der gesellschaftlichen Elite, den geradezu beeindruckenden Fortschritt von Naturerkenntnis und Technik gesellschaftlich zu balancieren6 so offensichtlich; deshalb scheint nichts dringlicher, als eine gegenwärtige praktische Gesellschaftstheorie.

Einen bemerkenswerten Beitrag zur Entwicklung einer solchen Theorie kann der evolutionäre Ansatz liefern; mit ihm läßt sich vor allem jener natürliche7 Trend zu gesellschaftlicher Vernunft und damit zur Humanisierung der Lösung gesellschaftlicher Probleme begründen ; er bietet vor allem die Chance, traditionelles und gegenwärtiges Wissen um gesellschaftliche Abläufe in einem übergeordneten Kalkül zu gestalten; das heißt zu versuchen, traditionell Bürgerliches einerseits und traditionell Sozialistisches andererseits - weil eben typisch menschlich - unifizierend zu binden; das Marx'sche Konzept8 z.B., könnte sich in einem solchen Ansatz als Baustein wiederfinden lassen. Die Erwartung, spezifische Gesellschaftsmodelle mit erhöhter Aussagefähigkeit für Analyse und Vorausschau entwerfen zu können, ist demzufolge nicht unbegründet.

Der Beitrag soll anregen; aus dem Grunde werden die wesentlichen Aspekte der klassischen Betrachtung von Gesellschaft im evolutionären Ansatz zunächst nur skizziert und mit den in diesem Zusammenhang wichtigen und herausragenden Vertretern in Beziehung gesetzt. Die eigentliche Arbeit bleibt jedoch noch zu tun.

Homo sapiens

Der HS ist gegenwärtiges Resultat der biologischen und sozialen Evolution; sein Verhalten rekapituliert die Phylogenese der Gattung, d.h. die gestufte Aggregation von stofflichen, energetischen, informationellen Basismechanismen zu leistungsfähigen Strukturen, die hochkomplexen Träger psychischer und sozialpsychischer Prozesse eingeschlossen; als Besonderheit trägt er die Fähigkeit zu Erkenntnis und Selbsterkenntnis, zur Bildung von Modellen und deren physische Umsetzung. Die Reproduktion dieser Fähigkeit ist offensichtlich Voraussetzung und schließlich Ergebnis der Reproduktion des HS als Spezies.

Der HS ist Individuum und soziales Wesen gleichermaßen;9 das Individuum als dominierender Träger von Kreativität reproduziert sich nur über die Gemeinschaft; diese wiederum braucht das kreative Individuum. Reproduktion von Lebensfähigkeit einer Gemeinschaft impliziert eine Reihe von Symmetriebrüchen, die im Verlaufe der Evolution u.a. zu unterbewußt angelegter Aufgabenteilung führten; dazu gehören solche dynamischen Relationen wie die von Elite und Mehrheit, von Rechts und Links10.

Wertschöpfung und Wertausgleich sind zwei Seiten eines gesellschaftlichen Basismechanismus, der durch jene für den HS charakteristische Fähigkeit zu bewußter Erkenntnis aus archaischen Abläufen evolviert und dadurch nahezu rythmische gesellschaftliche Strukturveränderungen impliziert.

Es sind die Unausgewogenheiten in diesem Prozeß, die zu gesellschaftlichen Spannungen und Auseinandersetzungen führen, die Revolutionen und Kriege auslösen, materielle und ideelle Zerstörung zur Folge haben. Mit Sicherheit nicht erst seit Plato oder Aristoteles fasziniert die Vorstellung, für gesellschaftliches Geschehen Gesetzmäßigkeiten zu entdecken, deren konstruktives Verwenden zudem die Chance bietet, Gesellschaft nicht nur verstehen zu können, sondern vor allem leitbar zu machen, d.h. zu versuchen, den Einfluß von Trivialregulationen (Fundamentalismus, Faschismus etc.) möglichst auszuschalten.

Ansatz

Ein sinnvoller Ansatz für eine gegenwärtige praktischen Gesellschaftstheorie sollte folgende Prämissen enthalten:

Erkentnistheoretischer Aspekt

Eine evolutionäre Theorie der Erkenntnis wird mit folgenden Annahmen13 lebendig: es gibt eine unabhängig vom Bewußtsein des Menschen existierende evolvierende objektive Realität; ihre Gesetzmäßigkeiten sind erkennbar; Instrument der Erkenntnis, d.h. von Natur- und Selbsterkenntnis ist das menschliche Bewußtsein, das-selbst Objekt der Evolution - die Mechanismen zur Reproduktion der Lebensfähigkeit des HS dominiert. Dabei ist die Frage, ob diese objektive Realität materiellen oder ideellen Ursprungs ist, unerheblich; wichtig ist, daß dem Entwicklungscharakter des zu erkennenden Objekts Rechnung getragen wird und die Theorie selbst entwicklungsfähig ist.

Erkenntnis ist letztendlich an Sprache geknüpft; eine solche Sprache ist jedoch nur lebendig, wenn sie das evolvierende Objekt funktionell und strukturell abzubilden in der Lage ist, zur Vertiefung und zur Generalisierung gleichermaßen fähig. Eine Sprache, die das Objekt menschliche Gesellschaft ganzheitlich abzubilden trachtet, wird zwangsläufig sequentielle logische Strukturen einerseits und assoziative, bildhafte, ästhetische Artikulationen etc. andererseits, enthalten müssen

(Hegel , Marx, Engels etc. Chomsky, Wittgenstein, Eco, etc.)

Evolutionärer Aspekt

Die Evolutionstheorie bemüht sich um eine einheitliche Beschreibung der Entwicklung des Universums, das heißt der physikalischen, der chemischen, der biologischen und der sozialen Evolution. Die Entwicklungsgeschichte des HS ist Teil davon.

Entwicklungsfähigkeit ist an Selbstorganisation geknüpft; entwicklungsfähig sind komplexe nichtlineare Systeme, fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht; hier existieren attraktive Gebiete, in denen sich komplexe Strukturen reproduzieren, die sich über eine Balance von Strukturbildung und Strukturzerfall in einem Fließgleichgewicht halten, zu höherer Komplexität und Kompliziertheit evolvierend und damit letztendlich auch zu Strukturen, die zu bewußter Erkenntnis und zu vernünftigem Handeln fähig werden( Evolution der Vernunft ).

Fließgleichgewicht ist Charakteristikum lebender Systeme; soziale Systeme des HS sind lebende Systeme; ihre Bausteine sind Individuen oder Gruppen; Relationen zwischen diesen sind stofflicher energetischer, informationeller Art; Lebensfähigkeit reproduziert sich durch komplexe/komplizierte bewußt/ unterbewußt angelegte stets evolvierende Strukturen, die einem komplexen Auswahlmechanismus ( Kooperation, Konkurrenz, Mutation, Selektion) unterliegen.

Balance zwischen Individual- und Gruppenverhalten wird geprägt durch den Anspruch, den die Gruppe im Interesse der Erhaltung von Lebensfähigkeit nach innen und nach außen zu reproduzieren hat. Exklusives Charakteristikum des HS ist dessen evolvierende Fähigkeit zum bewußten Ārtefakt; die Evolution dieser Fähigkeit wird diktiert durch Zwänge, die sich letztendlich aus ratiomorpher/bewußter Verrechnung von Umfeldsignalen(Gemeinschaft, Umwelt) ergeben; die Reproduktion dieser Fähigkeit projiziert besondere Anforderungen auf Individuum und Gemeinschaft; sie ist entscheidend für die Überlebensfähigkeit der Gattung.

Der evolutionäre Ansatz begründet:

(v. Bertalanffy, Piaget, Eigen, Lorenz, Popper, Riedl, Ebeling, Peschel, etc.).

Historischer Aspekt

Der geschichtliche Ansatz wird getragen durch die Vorstellung, daß Geschichte als Abbildung von Mechanismen der sozialen Evolution auf Völker und Personen und in gewisser Weise auch deren Rückwirkung auf den evolutionären Prozeß aufzufassen sei; Geschichte geschieht in und mit sozialen Systemen, d.h. Geschichte wird durch bewußt und unterbewußt angelegte Verhaltensmuster geprägt; es ist deshalb sicherlich ein tragfähiger Ansatz, Geschichte mit dem Prozess evolvierender wertschöpfender und wertverteilender Tätigkeit, moduliert durch Triebmechanismen, in Verbindung zu bringen

( Hegel, Marx; Darwin, Freud, Nietzsche, LeBon , Canetti, etc. )

Sozialökonomischer Aspekt

Gesellschaftliche Dynamik wird im wesentlichen durch den WSVP determiniert; dessen Analyse liefert den Schlüssel für vernünftiges gesellschaftliches Handeln; der WSVP leitet sich aus archaischen Prozessen der Erhaltung von Lebensfähigkeit her; er ist ausgewogen, wenn Wertschöpfung und Wertverteilung gesellschaftlich balanciert verlaufen; mit der Evolution des HS erfährt er spezifische Änderungen: die phylogenetisch stabilen Abläufe werden überlagert durch HS-spezifische; damit verbunden ist in der Regel Strukturwandel, der auf gesellschaftliche Ausgewogenheit optimiert; bislang verlaufen gesellschaftliche Prozesse im wesentlichen unkontrolliert, chaotisch; die Erfahrung damit hat zu Modellbildungen geführt, die die zwei wesentlichen Seiten des WSVP, die Wertschöpfung einerseits und die Wertverteilung andererseits in ihrer Wirkung und Wertigkeit innerhalb der Gesellschaft entgegensetzen, unangemessen reduzieren und verabsolutieren; ein Ansatz für eine übergreifende unifizierende Gesellschaftstheorie sollte deshalb den wertschöpfenden ( bürgerlichen) und den wertverteilenden( sozialistischen ) Aspekt als zwei Seiten eines Gesellschaftsprozesses modellieren und vor allem sichtbar werden lassen, welche Strukturveränderungen sich zwangsläufig aus sich veränderndem Wertschöpfungsprofil ableiten; die Vision einer schonenden gesellschaftlichen Fahrweise ist letztendlich geknüpft an ein sensibles System der Früherkennung von Störungen, der Modellbildung, und der Bewertung gesellschaftlicher Handlungen

( Campanella, Hobbes, Hegel, Feuerbach, Marx, Engels, Frankfurter Schule, Bloch, Galbraith, Forrester, Schumacher, etc.)

Psychologischer/sozialpsychologischer Aspekt

Die Psyche von Individuum und Gruppe wird durch eine komplexe somatisch ( neo-, paläo-kortekale) und extrasomatisch abgelegte informationelle Funktionsstruktur getragen, die zu Perzeption und Evaluation von Umweltsignalen, aber auch zur Selbstbewertung befähigt; sie ist Ergebnis von Phylogenese und Ontogenese, die das Verhalten von Individuum und Gruppe auf Überlebensfähigkeit optimieren. Psyche lebt auf einer komplizierten Schichtung von bewußten, ratiomorphen und unterbewußten Strukturen, die unter individual-, sozial- und tiefenpsychologischem Aspekt modelliert werden; eine praktische Psychologie der Gesellschaft wird damit wesentlicher Baustein einer praktischen Gesellschaftstheorie; dazu ist eine konstruktive Analyse der reichhaltig vorhandenen Ansätze erforderlich und deren Praktikabilität anzustreben; dabei spielt insbesondere die sogenannte Tiefenpsychologie eine Rolle, die es vor allem von unechter Tiefe zu befreien gilt

(z.B. Rubinstein, Freud, etc)

Ethisch/religiöser Aspekt

Ethik artikuliert ein bewußt und unterbewußt abgelegtes System von Werten und Verhaltensregeln einer Gemeinschaft, deren Semantik sich letztendlich mit der Phylogenese und der Kulturentwicklung des HS verbindet. Religion ist im Kern Ethik und damit prägender Bestandteil der Kulturentwicklung des HS; im wesentlichen lassen sich drei Wurzeln erkennen: erstens, den Erkenntnisprozess selbst, in welcher Sprache auch immer artikuliert; zweitens, das System von Spielregeln für das Verhalten von Gemeinschaft und für das Individuum, die sich innerhalb einer Gemeinschaft ausgeprägt haben, um diese lebensfähig zu halten, und schließlich speist sie sich aus einem unterbewußt angelegten Bedürfnis nach einem psychologischen Gegenpol zum alltäglichen Daseinskampf; auch wenn die geschichtliche Bilanz von Religion erschreckende Phasen von Behinderung gesellschaftlichen Fortschritts aufweisen, gehört sie zu einer praktischen Gesellschaftstheorie

( Laotse, Plato, Spinoza, Kant, Hegel, Engels, Jonas, etc.)

Ästhetischer Aspekt

Ästhetik lebt in einem mentalen vielschichtigen Wahrnehmungs- und Gestaltungsraum auf der Basis eines Alphabets höherer Ordnung (das logische, assoziative und emotionale Bausteine gleichermaßen enthält); eine Theorie der Ästhetik als Bestandteil einer praktischen Gesellschaftstheorie ist deshalb auf Symmetrien und Harmonien in Konstrukten des menschlichen Empfindungsraumes und deren emotionale Evaluierung gerichtet; hier kann z.B. der Ansatz einer universellen Resonanztheorie, so wie von F.Cramer entworfen, sehr fruchtbar sein (Hegel, Voltaire, etc. moderner Ansatz:Cramer)

Systemtheoretischer Aspekt

Mit dem kybernetischen Ansatz als einer Verallgemeinerung des Regelungstheorie (K. Steinbuch ) wurde die Sinnfälligkeit einer systemtheoretischen Interpretation des Verhaltens von Individuum und Gruppe erkennbar; der Hömöostat als Metapher des auf Lebensfähigkeit optimierenden sozialen Systems ist sicher trivial, jedoch anschaulich und qualitativ überzeugend; der Ansatz fand erstaunliche Differenzierungen ( Neuro-, Psychokybernetik, etc.) bis zum multilayer distributed control-Modell; der dominierend analytische Anspruch des Ansatzes war wesentlicher Grund für dessen alsbaldige Stagnation; interessant wurde nunmehr der informatische, wissensbasierte Ansatz, der schließlich vor allem problemorientiertes decision making, auch im gesellschaftlichen Kontext belebte; da Problemlösung letztendlich nur durch die TURING-Maschine modelliert wurde, fehlte nun wiederum der assoziative Aspekt menschlicher Perzeption und Kognition; inzwischen sind auch diesbezüglich praktikable Ansätze, auch für die Simulation ökonomischer Prozesse entstanden, die sich z.B. sogar an die Voraussage von Börsenkursentwicklungen wagen. Letztendlich jedoch fehlen Modelle, die eine ganzheitliche Analyse und Vorausschau sozialökonomischer Prozesse zum Ziel haben, und die schließlich zum Instrumentarium eines gesellschaftlichen Managements gehören

( Steinbuch, v. Bertalanffy, Kolmogoroff, v. Neumann, Rosenblatt, Klix, Simon, Newell, Weizenbaum, Popper, etc.)

Resüme`

Es dient der Selbsterhaltung der Art, die eigene Existenz als im Fließgleichgewicht befindlich aufzufassen, das heißt als einen steten Prozess der Organisation lebensfähiger Strukturen, als einen ständigen Kampf gegen Stagnation und Zerfall.

Die Humanisierung der Lösung gesellschaftlicher Probleme ist an die Evolution von Vernunft gebunden; Vernunft impliziert Fähigkeit zur bewußten, den gesellschaftlichen Reflex integrierenden Vorausschau, d.h. für ein auf schonende Fahrweise gerichtetes gesellschaftliches Management auf der Basis einer praktischen Theorie der Gesellschaft. Aus einer solchen Theorie heraus läßt sich begründen:

  1. Der HS als Ergebnis der biologischen und sozialen Evolution ist gesellschaftliches und schöpferisches Wesen; daraus resultiert ein Ansatz, der Schöpferisches/ Bürgerliches und Soziales/ Sozialistisches unifizierend bindet

  2. Lebensfähigkeit reproduziert sich aus einer unterbewußt und bewußt abgelegten Aufgabenteilung; hieraus lassen sich u.a. die Rolle von Elite und Mehrheit, von Rechts und Links abbilden

  3. Die Evolution der Vernunft ist ein ganzheitlicher Prozeß; hieraus leitet sich die Pflicht zu Ausgewogenheit im Prozess der Erkenntnis von Natur und Gesellschaft ab; Bildung gilt als gesellschaftlicher Anspruch

  4. Der HS ist schöpferisches Wesen; hieraus resultiert ein WSVP-Modell, das nahezu rhythmisch sozialökonomischen Strukturwandel impliziert

  5. Stand von Wissen in den Disziplinen und Leistungfähigkeit der Informationstechnologien lassen die Chance für einen Ansatz : konfliktarmes Management gesellschaftlicher Prozesse realistisch werden.

Die Gegenwart, z.B. verlangt schonenden Übergang zu einer sozialökonomischen Struktur, die traditionelle Großproduktion (wenn dies durch globale Monopolisierung nicht schon von selbst geschieht) auf das Notwendige und Machbare reduziert, die die Entwicklung eines innovativen Wertschöpungsprofils( Wissens-produktion) befördert, und die die mit dieser Situation verknüpfte soziale Problematik durch eine adäquate Wertverteilung bewältigt.

Marx sah die bürgerlichen Elite seiner Zeit einer solchen Aufgabe vergleichbar, nicht gewachsen; für ihn konnte deshalb nur eine proletarische Revolution die Initialbedingungen und Garantie für die Reproduktion von gesellschaftlichem Fortschritt schaffen. Lenin sah dies für Rußland ähnlich; die Konsequenz war die Oktober-revolution.

Anhang

Der Autor hat Gedanken zum Gegenstand zudem in folgenden Veröffentlichungen dargelegt:

  1. Deutschland 93, Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 16, Dezember 1993, S.191-196
  2. Stehen wir vor einer sozialen Revolution?, Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 27, September 1996, S. 216-221
  3. Gesellschaftliche Wertschöpfung und Wertverteilung- ein Modellansatz, Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 33, März 1998, S. 203-207.

Fußnoten und Bemerkungen

F. Baldeweg
(3)
HS - homo sapiens
(14)
WSVP - Wertschöpfungs-und -Verteilungsprozess
F. Richter
(1)
Zunächst finde ich die Suche nach einem komplexen Ansatz außerordentlich wichtig, und insofern gefällt mir besonders die Berücksichtigung ethischer, ästhetischer u.a. Gesichtspunkte. Ob freilich Komplexität immer gleich zu einem universellen Ansatz führen muß, möchte ich doch in Frage stellen. Stichwort: Pluralismus, Pluralität, Modellvielfalt. Es scheint zwar eben gerade die Universalität charakteristisch für ein wissenschaftliches Herangehen überhaupt zu sein, aber das wäre wohl noch einmal zu prüfen. Stichwort: Freiberger Modell mit dem Versuch, unser traditionelles Wissenschaftsverständnis dialektisch aufzuheben. Vgl. meine Homepage.

Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnte man die Sprunglatte vielleicht etwas tiefer legen. Nur noch einen Titel statt deren drei...

(2)
Also - wer hier Wurzel von wem ist, wäre auch zu diskutieren.

(4)
Für die nichtmarxistische politische Ökonomie sind (objektiver) Wert, Wertgesetz, Mehrwert u.ä. schon lange tote Pferde. Sie sollen auch nicht mehr neu gesattelt werden. Nun kann das ja falsch sein; andererseits finde ich aber auch, daß unsere Ökonomen die Marxsche Werttheorie kaum noch verteidigen. Oder täusche ich mich da? Es wird zwar ständig von Wertschöpfung geredet, und wenn jemand die Ausbeutung beseitigen will, wird er wohl vom Mehrwertgesetz ausgehen. Dennoch habe ich so ein dummes Gefühl bei der Sache: Wie kämen wir zu einer Humanisierung auch in dem Fall, daß wir nicht mehr so einfach von Ausbeutung und ihrer Beseitigung reden können?

(5)
Das ist gut und kühn, mit dem klassischen Erkenntnisbegriff jedoch nicht so einfach zu haben.

(6)
Das ist ja wohl gerade das Problem, daß Naturerkenntnis Ergebnisse vorlegt, die in ihrer Ambivalenz oftmals - wenn sie einmal vorliegen - kaum noch auszubalancieren sind. Klassische, nur der Objektivität und Wahrheit verpflichtete Naturerkenntnis kann jedoch gar nicht anders. Alternativen???

(7)
Ich weiß nicht, ob es einen natürlichen Trend zu Vernunft gibt. Auch hier gibt es immer die Ambivalenz von Vernunft und Unvernunft

(8)
Im Prinzip bin ich auch dafür. Aber: Was ist das Marxsche Konzept, was stimmt daran heute nicht mehr, und wenn das so ist, daß nicht mehr alles stimmt, kann man dann dieses Konzept in ein anderes einbauen? Oder können wir eine Analogie zu Newton/Einstein o.ä. herstellen, also Marx aus heutiger Sicht als Widerspiegelung eines Prozesses unter bestimmten, überdies idealisierenden Bedingungen auffassen?

(9)
Gleichermaßen ist sicher immer noch nicht mehr als ein sprachlicher Behelf; Hegel würde vielleicht sagen: Das Individuum an und für sich ist die Gesellschaft. Aber wie soll man das in eine verständliche Sprache übersetzen...Insofern sind die bei Ihnen folgenden Sätze wohl schon richtig.

(10)
Ja, man sollte auch die Rechte zu ihrem Recht kommen lassen, dort, wo sie Recht hat. Und nicht so tun, als ob nur die Linke alles vollbringen kann. Aber man wird dann wohl auch akzeptieren müssen, daß beide Ansprüche auf eine universelle Theorie erheben werden, und dann wird man also wenigstens eine Weile mehrere von diesen haben...

(11)
Ja, aber nur dann, wenn diese weitaus komplexer gefaßt wird als bisher. (Freiberger Modell)

(12)
Evolution ist freilich auch mehrdeutig. Siehe meinen Diskussionsbeitrag zum Kolloqium des Rosa-Luxemburg-Vereins vom vorigen Jahr: Matrix von Evolution und Rationalität. Auch auf meiner Homepage unter Evolution.

(13)
Diese Annahmen sind freilich ziemlich stark realistisch. Die evolutionäre Erkenntnistheorie relativiert diese Annahmen ziemlich, und zwar in Richtung eines hypothetischen Realismus. Das macht am Ende vielleicht nicht so viel aus, aber man müßte es sagen..

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Siehe schon Kommentar 910

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Hier müßte der Anschluß zu H.-G. Gräbes Auffassungen zur Arbeitsgesellschaft u.a.gesucht werden.

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Diese Gegenüberstellung bürgerlich-sozialistisch ist vielleicht eine erste Näherung an das zu Leistende. Denn: wieso ist der Bürger, wenn er denn Mensch und Individuum ist, nicht auch sozial? Die Chance müssen wir ihm in der Theorie einräumen!

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Wie schon besonders auch für Lenin gelten heute die (linken) Intellektuellen als Versager; Gysi haut gerade in dieselbe Kerbe. Wie soll es also weitergehen?