IfI - In den Medien

Wirtschaftwoche

Wirtschaftswoche Nr. 43 / 21.10.99, S.172
B+E VERSICHERUNGSINFORMATIK
UNIVERSITÄT LEIPZIG: Enge Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft

Frischer Wind
Die Universität Leipzig ebnet Informatikstudenten den Einstieg in die Versicherungswirtschaft

Seinen künftigen Arbeitsplatz hat Alexander Slomka schon in der Tasche, sein Examen noch nicht. Der 27jährige steht kurz vor dem Abschluß seiner Diplomarbeit im Fachbereich Informatik an der Universität Leipzig. Darin beschäftigt sich der IT-Experte mit dem Einsatz von Electronic Commerce in der Versicherungswirtschaft. Die Abschlußarbeit ist eingebettet in ein interdisziplinär angelegtes Forschungsprojekt, das die Leipziger Universität gemeinsam mit großen deutschen Versicherungskonzernen durchführt.*

Seinen Lebensunterhalt bestreitet Alexander Slomka durch einen Werkvertrag mit den R+V versicherungen. Der Konzern mit Hauptsitz in Wiesbaden hatte bereits kurz nach der wende seine Fühler nach Ostdeutschland ausgestreckt. Einer der Hauptgründe: Die Branche suchte einen Ausweg aus der anhaltenden Nachwuchskrise. Der hohe Bedarf an praxisorientierten Informatikern mit Branchen Know-how konnte nicht gedeckt werden. "Die unzureichende Praxisorientierung des Informatikstudiums an den Universitäten verursacht auch heute noch hohe Kosten bei der Integration in die Berufswelt", beschreibt Michael Mühl, Personalmanager bei der R+V, das Dilemma.

Bei der Suche nach einem PArtner, der eine möglichst "effiziente Kooperation zwischen Berufspraxis, universitärer Ausbildung und Forschung" garantiert, entschieden sich die R+V Manager und ihre Branchenpartner schließlich für die sÄchsische Hochschule. "Denn schon zu DDR-Zeiten", so Michael Mühl, "pflegte man in der Messestadt einen äußerst fruchtbaren Austausch zwischen der Hochschule und der Arbeitswelt."

Aus den ersten Annäherungsversuchen hat sich inzwischen ein eigenständiges, in Deutschland bisher einmaliges Studienangebot entwickelt. Gemeinsam mit der Allianz-Lebensversicherungs-AG und IBM Deutschland konzipierte R+V den Studienschwerpunkt "Informatik im Versicherungswesen" - wählbar für Informatikstudenten im Hauptstudium. Die inhaltliche Verzahnung mit der Versicherungsbranche spiegelt sich obendrein im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre wider mit Spezialisierungen in Versicherungsbetriebslehre und -mathematik. Längst haben sich andere Versicherungsdienstleister wie die HUK-Coburg und Iduna, die Bayerische Rück oder die Alte Leipziger dem Vorstoß der Konkurenz angeschlossen. In Einzelkontrakten und einem Rahmenvertrag mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurde die Kooperation mit der Universität festgezurrt. Darin verpflichten sich die Partner aus der Wirtschaft, durch Vorlesungen und Kolloquien, Exkursionen, Praktikumsplätze sowie die Betreuung von Diplomarbeiten den Lehrbetrieb zu untewrstützen und den Wissenstransfer in Gang zu halten. Die Versicherer sind mit der Kooperation höst zufrieden, weil ihre "Forderungen schlicht und einfach" ohne die üblichen Streitigkeiten mit Hochschulvertretern "in die Konzeption des Studienschwerpunktes integriert wurden", so Personalmanager Mühl.

Die Studierenden, da ist sich Alexander Slomka sicher, profitieren vom Schulterschluß der Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft. "Die Versicherungsleute haben frischen Wind in die Fakultät hineingebracht. Wir haben alle nach dem recht theoretischen Grundstudium danach gelechzt, Praxisluft zu schnuppern." Dazu hatte der Diplom-Informatiker in spe im Laufe der vergangenen sechs Semester reichlich Gelegenheit. Durch Praktika und Exkursionen in IT-Abteilungen der Versicherungskonzerne erfuhr Slomka, welche besonderen Ansprüche die Versicherungsbranche an die Informatik stellt. Das ist für seine spätere Karriere ein gewichtiges Pfund, mit dem er wuchern kann. Denn die Unternehmen benötigen maßgeschneiderte, branchengerechte Softwarelösungen und IT-Konzepte. "Informatiker, die neben Wirtschaftskenntnissen ein fundiertes Branchen-Know-how mitbringen, haben derzeit die besten Aufstiegs- und Entwicklungschancen am Arbeitsmarkt", beobachtet Alexander Bojanowsky, Geschäftsführer des Bundesverbandes Informationstechnologien (BVIT).

Alexander Slomka ist jedenfalls rundum zufrieden mit seinem Studium. Sein Fazit: "Es ist sehr lehrreich, wenn man zwischen all der B&uunl;ffelei hin und wieder ins kalte Wasser geworfen wird und sich an der Praxis messen muß."


Kontakt: Universität Leipzig, Institut für Informatik, Postfach 10 09 20, 04009 Leipzig,
Frofessor Gottfried Koch, Telefon 03 41/9 73 22 78,
E-Mail: fvi@rzaix530.rz.uni-leipzig.de
Internet: www.uni-leipzig.de/versicherungsinformatik/

ANGELIKA FRITSCHE


HTML-Umsetzung: Andreas Zerbst 03.12.99