Leipziger Volkszeitung
06.05.2002
"Wir können's mindestens so gut wie die Männer"
"Boys only" stand am Sonnabend am
Eingang zum Hörsaal 20 der
Universität geschrieben. Ein
Scherz? Oder ein letzter
Abwehrversuch von unbelehrbaren
Machos? Schließlich waren es
nicht die Jungs, sondern vor
allem die Mädchen, die in den
Raum strömen sollten.
"Informatikerinnen dringend
gesucht" hatte die Uni im Vorfeld
ihres Info-Tages verkündet, bei
dem auch die anderen Studiengänge
von A wie Afrikanistik bis Z wie
Zahnmedizin vorgestellt wurden.
Frauen wie Claudia Horn waren
also gefragt. "Wir können's
mindestens so gut wie die
Männer", sagte die 18-Jährige,
die Diplom-Informatikerin werden
will. Ihrer Meinung ist auch der
eine oder andereMann. Professor
Heinrich Mayr zum Beispiel,
Präsident der Gesellschaft für
Informatik: "Studentinnen
beweisen mehr
Fingerspitzengefühl. Sie sind
zudem oft besser bei der
Praxis-Umsetzung und im
interdisziplinären Denken."
Das Informatik-Studium bietet
immer mehr Möglichkeiten der
Kombination mit anderen
Disziplinen, von der Bio- bis hin
zur Versicherungsinformatik.
Darüber konnten sich die
Studierwilligen im Hörsaalgebäude
an Ständen informieren - und eben
im Saal 20 beim Vortrag von
Informatik-Professor Gerhard
Heyer, der "mehr Frauen für die
Informatik begeistern" möchte und
sich dadurch "am Ende mehr gute
Informatiker" verspricht.
Immerhin war der Saal zu einem
guten Drittel mit weiblichen
Interessenten gefüllt.
Unter denjenigen, die in Leipzig
ein Informatik-Studium beginnen,
sind meist rund 20 Prozent
Frauen. Im Bundesdurchschnitt
sind nur 14 Prozent der
Eingeschriebenen Studentinnen.
Aber: "Die Absolventen sind nur
zu acht bis zehn Prozent
weiblich", berichtete Gerhard
Heyer. Viele würden eben mit
falschen Vorstellungen ins
Studium gehen. Heyer betonte,
dass Informatiker gesucht würden,
"die es dann wirklich gut können.
Davon haben wir nicht genug -
eben weil wir noch nicht genügend
Frauen haben."
Binärcodierung, Algorithmen,
Mikroprogrammierung - das kann
aber auch ganz schön abschreckend
wirken, oder? "Nun ja, vorher
hatte ich nicht viel Ahnung
davon, aber wenn man sich
dahinterklemmt, geht's", erzählte
Juliane Eichler, die im zweiten
Semester Informatik studiert. Sie
könne zum Studium raten. Ihre
Kommilitonen seien auch nicht
überheblich, "bis auf einen, aber
solche findet man überall".
Carsten Heckmann
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